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Die Seeprozession in Sagres

Boote der Seeprozession in Sagres vor der Küste

Mitte August gibt es einen Feiertag, den man in Deutschland nur in eher katholischen Regionen kennt: Mariä Himmelfahrt am 15. August. Hier in Portugal ist Assunção de Nossa Senhora gesetzlicher Feiertag. Die Madonna ist die Schutzpatronin vieler Gemeinden und gilt als Nossa Senhora dos Mares als besondere Schutzheilige der Seefahrer und Fischer. In Nazaré etwa findet an diesem Tag eine weithin berühmte Prozession von Booten an der Küste statt, zu Ehren der Nossa Senhora da Nazaré.

An der Algarve gibt es Ähnliches. Meinem Freund Wolfgang habe ich es zu verdanken, dass ich davon erfahren habe. Ich kann dieses einmalige Ereignis nur jedem ans Herz legen, der im August hier Urlaub macht und etwas Außergewöhnliches erleben will. Für Residenten gilt dieser Tipp natürlich genauso.
Ganz gleich, wie sich das Wetter an diesem Tag zeigt: ob bei Sonne, ob bei Regen – die Seeprozession der Fischer an der Steilküste von Sagres ist auch eine etwas weitere Anreise wert. Schon ganz früh am Morgen beginnen die Vorbereitungen: Die Boote werden von den Fischerfrauen mit Girlanden und bunten Fahnen geschmückt. Früher haben alle daran teilgenommen, die in und um das Cabo de São Vicente zum Fischen aufs Meer fuhren. Es war für jeden Fischer beinahe eine Pflicht, an dieser Prozession teilzunehmen und sich damit den Segen und die Hilfe der Heiligen zu erbitten. Nicht nur bei Sturm oder für Notzeiten. Es soll nach altem Glauben vor Schiffbruch schützen und für reichen Fang sorgen. Heute sind nur noch etwa 30 Fischerboote übrig geblieben, die diese alte Tradition bewahren und aufrechterhalten.

In Sagres gilt die Prozession zwei Heiligen: der Nossa Senhora da Graça und dem Santo Antonio, der bei Schiffbruch um Beistand angerufen wird. Die Statuen der beiden werden kurz nach der Mittagszeit in einer feierlichen Prozession zum Hafen von Sagres getragen. Mit der kleinen Kirche im Fortaleza, in der die Figuren ihre Heimstatt haben, hat ist übrigens eine ganz eigene Bewandtnis. Schon Heinrich der Seefahrer (1394-1460) soll an dieser Stelle gebetet haben: Er flehte um Gottes Gnade für die portugiesischen Seefahrer, damit sie den Weg auf fremden Meeren und in ferne Länder fänden und wieder sicher in die Heimat zurückkehrten.

Jede der beiden Statuen fährt auf einem eigenen Boot, jedes Jahr hat ein anderer Fischer die Ehre, die Madonna und den Heiligen Antonius zu beherbergen.

© Wolfgang Bald

Eine der Statuen wird auf das Boot gehievt – Erstes und zweites Foto: Wolfgang Bald

Etwa um 15 Uhr beginnt die Prozession. Einheimische und Gäste gehen an Bord der Boote. Sie folgen den beiden Heiligen und fahren bis zum Kap. Spielen Wetter und Meer mit, ist also der Wellengang nicht zu hoch, fahren fast alle Boote direkt und waghalsig zwischen dem Festland und dem vorgelagerten Felsen durch.Normalerweise ist das streng verboten, aber für diesen traditionellen Anlass drückt die Polícia Marítima ein Auge zu; das Boot der Marinepolizei fährt als erstes durch die schmale Stelle am so genannten „Finger Gottes“. Ertönt dann ein langes Hornsignal, ist die Durchfahrt freigegeben. Das soll, so sagen die Fischer, ein Zeichen für besonderes Glück im kommenden Jahr sein.

© Sibylle Straubel

Die Boote verlassen den schützenden Hafen – Foto: Sibylle Straubel

 

Seeprozession 04 Foto: Sibylle Straubel

Foto: Sibylle Straubel

Etwa zwei Stunden dauert die Seeprozession. Dann sind alle Boote wieder im sicheren Hafen. Wer mag, ist an Bord zu einem kleinen, allerdings landestypischen Imbiss eingeladen, der vielleicht nicht jedermanns Sache ist: Es gibt nämlich getrocknete und gegrillte Krakenarme. Dazu schmeckt natürlich ein zünftiges Sagres (es gibt aber selbstverständlich auch alkoholfreie Getränke). Gut, wenn man dann genauso seefest ist wie die Fischer. Vor allem, wenn der 15. August kein strahlender Sonnentag sein sollte, sondern das Wetter sich eher windig und regnerische zeigt, vielleicht sogar und hoher Seegang herrscht … Auf jeden Fall aber wird abends an Land zünftig gefeiert und getanzt!

Kleiner Tipp für Touristen: Die Teilnahme an der Seeprozession ist kostenlos. Einfach im Hafen den Kapitän fragen und dann ins Boot steigen. Bei hohen Wellen und schwankendem Deck wird einem gerne geholfen. Stecken Sie dem Fischer am Ende der Fahrt kein Geld zu. Ein Lächeln und ein freundliches „obrigado“ reicht. Alles andere ist bei diesem Anlass eher eine Beleidigung.

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Christina Zacker ist eine deutsche Journalistin und Buchautorin und lebt seit vielen Jahren im Hinterland der Algarve. Regelmäßig berichtet sie über ihre Beobachtungen und Erlebnisse im portugiesischen Alltag.

3 Kommentare

  1. Ingrid Schröder sagt

    Der Artikel hat schon “Geschmäckle”. Das ist eine Prozession und keine Touristenattraktion, an der man kostenlos einen Tagesausflug mit Vollverpflegung auf dem Meer verbringen kann. Etwas mehr Respekt den Fischern gegenüber wäre schön.

  2. Ingrid Schröder sagt

    Der Kommentar ist wohl nicht so positiv oder warum dauert die Moderation schon Tage? Man sollte wirklich ein solches Ereignis nicht zur Touristenfolklore verwandeln.

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