Kulinarik & Genuss
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Harte Schale, weicher Kern – Kulinarische Reise durch Galicien

Santiago de Compostela Ausblick Kathedrale

Ganz vorab: nein, ich bin dann nicht mal weg! Sondern eigentlich richtig angekommen, und zwar in Galicien.
Es ist schon einige Jahre her, seit ich die Provinz in Spaniens Norden besucht habe. Damals nur ganz kurz und auch nur Santiago de Compostela. Aber irgendwie hatte ich immer im Hinterkopf: Da musst du nochmal hin! Und so ging es im Frühjahr auf kulinarische Reise durch Galicien.

Sightseeing in Santiago de Compostela

Lufthansa brachte mich von Frankfurt nonstop in die Hauptstadt der Region, Santiago de Compostela. Knapp eine halbe Stunde nach der Landung stand ich bereits auf dem Obradoiro, dem wichtigsten Platz der Stadt. Umrahmt von vier Gebäuden: dem Palast von Raxoi, heute das Rathaus, dem Parador Reyes Catolicos, eines der schönsten Hotels Spaniens, dem Colexio de San Xerome, ein Teil der Universität, und der Kathedrale von Santiago. Für mich einer der schönsten Orte, die ich kenne! Alleine schon der Gedanke, dass wahrscheinlich Millionen von Pilger in den vergangenen Jahrhunderten ebenfalls hier gestanden haben und das Gleiche dachten, ist faszinierend.

Santiago de Compostela

Der Parador ist ein ehemaliges Hospiz und wurde um 1500 für die Pilger gebaut. In der Mitte des Gebäudes befindet sich eine alte gotische Kapelle. Gleich vier Kreuzgänge und mehrere Innenhöfe bietet das Haus.
Die schräg gegenüberliegende Kathedrale ist der Endpunkt eines jeden Pilgers. Erbaut auf der Grabstätte des heiligen Jakob wurde die Kathedrale über die Jahrhunderte mehrfach erweitert und umgebaut. Heute finden sich diverse Baustile an der Fassade und im Inneren des Gotteshauses wieder. Prächtig sind auch die beiden Türme!

Besonders gut kann man die Kathedrale bei einer Dachführung erleben. Über eine Steintreppe geht es auf die Balustrade im Inneren der Kirche. Von hier oben hat man einen ungestörten Blick auf den Hauptaltar. Früher durften hier die Pilger schlafen, bevor sie sich wieder auf den Heimweg machten. Einige Stufen weiter gelangt man auf das Dach der Kathedrale mit einer hervorragenden Aussicht über die ganze Stadt und man ist den beiden Türmen sehr nahe.

Dächer Kathedrale Santiago de Compostela

In der Kathedrale sollte man sich auf jeden Fall die Krypta anschauen und natürlich den Botafumeiro. Der Botafumeiro ist ein ziemlich großer Weihrauchkessel, der nur zu besonderen Anlässen geschwenkt wird.
Bei einem kurzen Spaziergang durch Santiago merkt man, welch gelungene Symbiose aus Historischem und Modernem der Stadt gelungen ist. Überall Bauwerke, die teils über 1.000 Jahre alt sind und gleich nebenan stylische Bars, voll mit jungen Studenten aus aller Welt. Gerade dieser Mix aus Tradition und moderner Lebensweise gibt diesem Ort ein besonderes und einzigartiges Flair.

Zwei kulinarische Highlights in Santiago de Compostela

In Galicien schlecht zu essen ist schier unmöglich. Die Qualität und Frische der Produkte ist überdurchschnittlich gut. Wir entscheiden uns am ersten Abend für das Restaurant AMOA . Auf zwei Etagen verteilt sich oben eine Bar, das Restaurant liegt unten, mit offener Küche und einem wunderschönen Garten. Wir bestellen Polbo á feira (Krake), Empanada, Jakobsmuscheln und Pimientos de Padrón, herrlich frisches Brot und eine Flasche Terras de Compostela, ein wirklich ausgezeichneter Albariño (Weisswein). Der Kraken, nur mit feinem Olivenöl und Paprika zubereitet, ist so zart, dass man ihn am Gaumen zerdrücken kann. Sensationell frisch die Jakobsmuschel, dazu dieser ausgezeichnete Wein. Für die Einheimischen ganz normal, für uns ein Festessen!
Am nächsten Abend wird es kulinarisch noch typischer: Im „A Lonxa do Mercado“ in der Nähe der Markthallen und somit etwas abseits der touristischen Wege gelegen. Und wieder wird der Tisch mit allen Köstlichkeiten der galizischen Küche gedeckt. Ein kulinarischer Traum, aus dem man die ganz besondere, traditionelle Kochweise Galiciens gut herausschmecken kann.
Eines sollte man also unbedingt bei den Reisevorbereitungen beachten: Reichlich Zeit für die Mahlzeiten einzuplanen.

Auf Zeitreise in Pontevedra

Der nächste Tag führt uns nach Ponteverde. Am Ende der „Ria de Pontevedra“ gelegen, tief im Küstenhinterland, findet man die einst wichtigste Hafenstadt Nordspaniens. Eine Vielzahl an Kirchen, Kapellen, Basiliken und Klöstern prägt das Stadtbild. Als beliebtes Fotomotiv ist die „Capela Virxe Peregrina“ zu nennen, welche auch die Hauptkirche der Schutzpatronin der Stadt ist. Ein Rundgang durch Pontevedra ist wie eine Zeitreise durch die verschiedenen Epochen Galiciens. So unterschiedlich sind die verschiedenen Baustile, die es überall zu entdecken gibt.
Ein Besuch der Markthalle darf natürlich nicht fehlen. Alles was das Meer bietet, wird hier von erfahrenen Fischern angeboten. Etwas grimmig blicken die Einheimischen grundsätzlich drein, doch wenn man erstmal mit ihnen ins Gespräch gekommen ist, umfängt einen die ganze Freude und Herzlichkeit dieser Menschen.

Miesmuschelzucht in der Ría de Arousa bei O Grove

Vorbei an der Wallfahrtskapelle „Nuestra. Sra. De a Lanzada“ und der spektakulären Küstenlandschaft, führt uns unsere Reise nach „O Grove“ am Ufer der Bucht „Ría de Arousa“. Hier nehmen wir an einem besonderen Erlebnis teil: Mit dem Katamaran geht es raus aufs Wasser zu den „bateas“. Überall auf den Muschelbänken herrscht fleißiges Treiben der zahlreichen Fischer. An einer der „bateas“ legen wir an, unser Kapitän springt leichten Fußes hinüber und zieht einen ganzen Strang Miesmuscheln aus dem Meer. Ein paar davon bekommen die Möwen. Einfach das Muschelfleisch mit den Schalen in die Luft halten und schon kommen die Vögel und holen sich unter akrobatischen Flugmanövern die Köstlichkeiten ab.
Die Crew hat derweil schon das Wasser für die Muscheln aufgesetzt und den Weißwein kalt gestellt. Ca. 15 Minuten bleiben die Muscheln im Wasser, dann sind sie gar. Gereicht nur mit etwas Brot – eine absolute Delikatesse! Nicht nur, dass man sie nicht frischer bekommen kann, als hier. Auch der Geschmack ist einfach fabelhaft.
Die ganze kulinarische Bootstour dauert ca. 3 Stunden und kostet € 25,-. Dafür kann man so viele Muschel essen, wie man möchte. Wir haben bei der Rückkehr nach O Grove mindestens 60 leere Schalen auf unserem Teller…

Cambados, die Hauptstadt der weißen Albariño Traube

Ausreichend gestärkt fahren wir weiter in das nahe Cambados, die Hauptstadt der Albariño Traube. Wir besichtigen das Pazo Baiõn, ein ehemaliges Herrenhaus, zu dem heute ein Weingut gehört. Die Weine der D.O. Rias Baixas gehören zu den renommiertesten Weißweinen Spaniens. Einen weiteren hervorragenden Weißwein produziert das Pazo de Rubianes. Ebenfalls ein Herrenhaus mit Weingut und sehenswertem Kamelien-Garten. Es liegt etwas weiter als Cambados in der Ría de Arousa. Von dem Wein werden nur ganz geringe Mengen produziert, die fast ausschließlich ab Hof in einem kleinen Laden verkauft werden. Die Preise liegen bei ca. € 15,- je Flasche. Was für die Qualität mehr als günstig ist.

Dass Cambados die Hauptstadt des Albariños ist, merkt man an jeder Ecke: In der unter Denkmalschutz stehenden Altstadt werben viele Restaurants und Bars mit der weißen Traube. Das Restaurant Pandemonium gilt als eines der innovativsten der Region. Hier wird die traditionelle Küche modern interpretiert. Die Portionen sind überschaubar gehalten, was auch Sinn und Zweck des Restaurants ist. Der Gast soll möglichst viele verschiedene Geschmäcker erleben dürfen. Unser Gruß aus der Küche ist eine Art dünnes Reisblatt in Rosenblütenform. Sechs verschiedene Farbtropfen zieren das Gebilde.

Gruß aus der Küche in Galicien

Der Koch erklärt uns, in welcher Reihenfolge wir diese Farbtupfer probieren sollen. Es sei eine kulinarische Reise durch die verschieden Geschmacksrichtungen. Und tatsächlich: Von Meeresgeschmack über fruchtig nach frischen Limetten… schmeckt jeder Tropfen anders. Ein großartiges kulinarisches Erlebnis! Jeder weitere Gang ist eine Überraschung aus der Molekular- bzw. Fusionsküche. Dazu natürlich wieder erlesene korrespondierende Weine aus der Region.

Exklusiver Stadtrundgang durch Baiona

Keine Reise durch Galicien ohne ein Besuch in Baiona. Hier legte die Pinta als erste von Kolumbus’ Flotte nach der Entdeckung Amerikas an. Im Hafen ist ein Nachbau des Schiffes zu bestaunen. Direkt gegenüber, auf einem Felsplateau gelegen, liegt einer der berühmten Paradores des Landes. Die ehemalige Festung bietet ein weitläufiges Gelände und einen kleinen Badestrand. In Baiona wird uns eine besondere Ehre zuteil: Der Bürgermeister persönlich führt uns durch die Stadt! Nachdem er merkt, wie interessiert und fasziniert wir von Galicien sind, taut er richtig auf. Und wieder kommen mir die Assoziation mit Meeresfrüchte in den Sinn: harte Schale, weicher Kern.
Aus dem kleinen Stadtrundgang wird eine Vorstellungsrunde gefühlt sämtlicher Bewohner. Baiona muss man einfach gesehen haben. Einen fantastischen Blick auf die Stadt hat man übrigens vom Restaurant „Paco Durán“. Hier sollte man auf jeden Fall den Aroz de Marisco bestellen. Als Vorspeise (als Tapa) kann ich den Pulpo empfehlen.

Auf dem Jakobsweg von Oia nach Baiona

Um mitreden zu können, wenn es um Galicien geht, sollte man ein Stück auf dem Jakobsweg gewandert sein. Wir starten unsere Etappe in Oia, direkt am gleichnamigen Kloster.
Zu unserem Glück findet gerade eine Prozession statt. So können wir die starke Verankerung Galiciens und deren Menschen mit der Kirche hautnah erleben. Der Weg führt uns in den Norden, zurück nach Baiona. Teils entlang der wilden Küste, teils auf der Straße, durch Dörfer und kleine Ortschaften. Und überall kommen uns Pilger entgegen. Erstaunlicherweise handelte es sich fast ausschließlich um junge Leute. Verlaufen kann man sich nicht. Auch ohne Karte findet man aufgrund der sehr guten Beschilderung immer den Weg.

Wegweiser Jakobsweg Galicien

Übernachtungsmöglichkeiten findet man übrigens reichlich. Viele Privatleute bieten ihre Unterkünfte an. Nach nur 2 ½ Stunden auf dem Jakobsweg sind wir uns einig: Wir wollen wiederkommen, um mehr zu sehen und zu erleben.

Tui – Grenzstadt zwischen Spanien und Portugal

Auf dem Rückweg nach Santiago de Compostela schauen wir uns noch die Grenzstadt Tui an. Hier wurde die erste Brücke über den Rio Miño gebaut, die Portugal mit Spanien verbindet. Tui ist der wichtigste Grenzübergang im Norden zu Portugal. Überragt wird der Ort von der im 13. Jahrhundert errichteten Kathedrale. An dem Gotteshaus macht sich deutlich, wie umkämpft der Ort in der Vergangenheit war: Die Kathedrale wirkt von Weitem wie eine Festung. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall! Da der Ort ziemlich weit im Süden liegt, wird er kaum von Touristen besucht. Dadurch wirkt hier alles uriger als im Norden. Für unsere Rückfahrt nach Santiago wählen wir größtenteils kleinere Straßen, um noch einmal die immergrüne Landschaft an uns vorbei ziehen zu lassen. Überall sind Burgen, Klöster, Ruinen, alte Kirchen, an der Küste Leuchttürme, Hórreos (hochbeinige Getreidespeicher), Gärten, Weinreben und bezaubernde kleine Ortschaften am Wegesrand zu finden. Im Grunde müsste man 10 Wochen Zeit haben und Galicien einmal komplett erwandern. So viele schöne und außergewöhnliche Dinge gibt es hier zu sehen.

Fazit meiner Reise durch Galicien

Wer Galicien bzw. die Nordküste Spaniens noch nicht gesehen hat, dem entgeht eine der abwechslungsreichsten Landschaften Europas! Besonders fasziniert haben mich die Menschen. Man spürt förmlich das harte und entbehrungsreiche Leben in dieser Region. Doch es scheint ihnen nichts auszumachen, im Gegenteil: Es scheint fast so, als sei es ihrer Herzlichkeit noch zuträglicher.

Zwei Übernachtungstipps für Galicien

Santiago de Compostela: Wenn auch etwas kostenintensiver, würde ich immer den Parador Santiago de Compostela ***** wählen. Dort zu wohnen ist ein Erlebnis für sich.

O Grove: Eine perfekte Mischung aus Strand, Erholung, Natur und guter Ausgangslage für Erkundungen findet man im Hotel Bosque Mar ***. Ein einfaches Haus mit einem zuvorkommenden Service und sehr guter Küche.

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In Italien fühlt er sich am wohlsten. „Ich mag die italienische Art zu leben, ich mag die Landschaft, das Essen und die Weine, besonders aber die Menschen in Italien.“

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