Kulinarik & Genuss
Schreibe einen Kommentar

Alentejo zum Genießen und Entschleunigen

Alentejo Küste Blumen brandung

Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, weite Felder, Wiesen, riesige Korkeichenwälder, Flüsse, Seen und Meer, Weiden, Land- und Weingüter, kleine Dörfer mit strahlend weißen Fassaden. Der Alentejo, der sich vom Norden her von den Ufern des Tejo bis zur Algarve sowie vom Westen vom Atlantik bis zur Grenze nach Spanien erstreckt, bietet viel Natur, Geschichte, Kultur und Ländlichkeit sowie authentische Küche und gute Weine.

Mit seiner Naturbelassenheit und Jahrtausende alten Geschichte ist der Alentejo der Tipp für alle, die das Besondere abseits großer Ferienzentren suchen. Römer und Mauren haben ihre Spuren in Portugals Süden hinterlassen. Die Bewohner pflegen die Traditionen ihrer Vorfahren.

„Gut zum Genießen und zum Entschleunigen“, sagt André Birken, der als Reiseleiter und Wanderführer für OLIMAR arbeitet. Aber nicht nur: Radfahren, Wandern, Surfen, Tauchen, Kanutouren, Vogelbeobachtungen, Reiten etwa sind ebenfalls möglich.

Von der Hauptstadt Portugals Lissabon führt der Weg landeinwärts direkt in den Alentejo. Auf der Autobahn Richtung Süden ist bald die alte Salzstadt Alcácer do Sal erreicht, die von den Phöniziern gegründet wurde. Die 5000 Jahre alte Geschichte ist in der ehemaligen Maurenburg gut nachvollziehbar. Hoch oben über dem Fluss Sado schweift der Blick über die Stadt mit ihren Brücken, dem Fluss, den Wäldern und Reisfeldern. Störche nisten auf hohen Schornsteinen. In den mittelalterlichen Mauern der Burg ist eine der gut 40 Pousadas Portugals eingerichtet – Hotels der gehobenen Klasse in früheren Klöstern, Burgen und Schlössern. Die Pousada de Alcácer do Sal, D. Alfonso II, wurde 1998 nach umfangreicher Restaurierung der Burg eingeweiht. Die verschiedenen Epochen der Geschichte sind eindrucksvoll in dem in den alten Gemäuern eingerichteten Museum zu entdecken.

Blick auf die Pousada Dom Alfonso II in Alcácer do Sal

Blick auf die Pousada Dom Alfonso II in Alcácer do Sal

Von der alten Salzstadt aus ist die Atlantikküste nicht weit. Malerisch liegt das kleine Fischerdorf Porto Covo südlich der Hafenstadt Sines im Naturschutzgebiet Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina. Die strahlend weißen Fassaden der Häuser mit ihren blauen Sockeln sind mit den für Portugal so typischen Mosaiken aus bemalten Keramikfliesen verziert. In Porto Covo mit seinem kleinen Hafen beginnt der Fischerweg des insgesamt 340 Kilometer langen Wanderweges Rota Vicentina. Der historische Teil im Innenland führt von Santiago do Cacém zum Kap São Vicente im Süden. Die ländliche Strecke durch Städte, Dörfer und Wälder kann auch mit dem Fahrrad erkundet werden und ist aufgrund ihrer hügeligen Wegführung bei Mountainbikern beliebt.

Ausschließlich für Fußwanderer ist dagegen der gut 100 Kilometer lange Fischerpfad entlang der Küste geeignet, der von Porto Covo in Richtung Süden führt. Wanderer werden auf ihrem Marsch über sandige und steinige Wege, auf denen es manchen Hügel zu meistern gilt, besonders im Frühjahr von üppig blau, rosa, weiß und gelb blühenden Wildblumen- und -kräuterfeldern begleitet.

Wandern entlang der Rota Vicentina an der portugiesischen Südküste

Wandern entlang der Rota Vicentina an der portugiesischen Südküste

Schöne Ausblicke sind auf dem Küstenweg der Rota Vicentina garantiert

Schöne Ausblicke sind auf dem Küstenweg der Rota Vicentina garantiert

Sandiger Fischerpfad der Rota Vicentina

Sandiger Fischerpfad der Rota Vicentina

Schroffe Klippen, vom Wasser umspült, werden durch feinsandige Strände abgelöst. Nach fünf Kilometern ist der Strand gegenüber der Pfirsichbauminsel Ilha do Pessegueiro erreicht, der viele Badegäste anlockt. Von dem auf dem Festland befindlichen Fort aus bietet sich ein guter Blick auf die Insel mit ihrer mittelalterlichen Befestigungsanlage. Am Strand selbst regen die über Jahrhunderte von Wasser und Wind zerklüfteten Felsen die Phantasie an und bieten als versteinert anmutende Kletterburgen, mit Muscheln verziert, hübsche Fotomotive.

Für seinen frisch auf dem Grill zubereiteten Fisch und die vielfältigen Vorspeisen aus Hase, Tintenfisch, Oliven und Lupinensamen ist der Wirt des „Arte e Sal“ in São Torpes direkt an der Küstenstraße bekannt. Überhaupt: Wer Fisch und Meeresfrüchte mag, findet im Alentejo viele gute Gelegenheiten, seinen Gaumen zu verwöhnen. „Frittierte Sardinen sind der Klassiker“, sagt André Birken. Makrele, Stichling, Dorade, Tintenfisch und Krake, Seebrasse, Languste, Muscheln sowie Schnecken und Scampis sind auf vielen Speisekarten zu finden. Die Köche im Alentejo verstehen ihr Handwerk – wohl am besten zu erkennen an der Zubereitung der Tintenfische zur butterweichen Köstlichkeit. Schwein, Rind, Huhn und Lamm werden aus Topf, Pfanne oder vom Grill serviert. Gemüse- und Fischsuppen, Reisgerichte  sowie Süßspeisen wie die aus vielen Eigelben zubereitete „Encharcada“ bereichern das Angebot. Nicht zu vergessen Schafs- und Ziegenkäse, Schinken und Würste. Eine Spezialität ist Migas, ein Brei aus mehrere Tage altem Weißbrot. Wilder Spargel oder gegrillter Paprika gehören zu den Köstlichkeiten. Olivenöl, Koriander, Minze und Knoblauch sorgen für die richtige Würze.

Viele Hotels und Landgüter bieten ihren Gästen Kochkurse an. Etwa das Hotel M’ar De Ar Muralhas in der Weltkulturerbestadt Évora.

Hotel M'ar de Ar Muralhas in Évora, Alentejo

Hotel M’ar de Ar Muralhas in Évora, Alentejo

Dort verrät Küchenchef António Nobre die Feinheiten der alentejanischen Küche. Land- und Weingüter laden zu Weinproben ein. So wie das Hotel Vila Galé Club de Campo nahe Beja. Im Weinkeller Casa Santa Vitória lagern Rebensäfte verschiedener Jahrgänge. Zu Käse, Weißbrot und Olivenöl lassen sich die Gäste die Weinproben schmecken. Zur Weinlese werden die Trauben noch auf traditionelle Weise mit den Füßen gestampft. Das Areal bietet neben Hotel und Poolanlage, Wein- und Olivenhainen einen See und einen Bauerngarten mit Pferden, Ziegen und Straußen.

Hotel Vila Galé Clube de Campo in Beja, Alentejo

Hotel Vila Galé Clube de Campo in Beja, Alentejo

Ein anderes Beispiel für den Erhalt historischer Stätten durch die Nutzung als Hotelanlage ist das in einem alten Kloster befindliche Convento do Espinheiro – viel zu schade, um dort nur zu übernachten. Das denkmalgeschützte Kloster aus dem 15. Jahrhundert wurde zum Luxushotel restauriert. Wo einst die Mönche wandelten und Könige die Jungfrau Maria ehrten, befinden sich Restaurants, Piano-Bar und Weinkeller. In letzterem köpft der Weinmeister die gute Sektflasche mit einem Säbel. Wer will, darf es selbst versuchen.

Luxus und Erholung pur im Convento do Espinheiro Hotel & Spa bei Évora, Alentejo

Luxus und Erholung pur im Convento do Espinheiro Hotel & Spa bei Évora, Alentejo

Die Kirche ist direkt vom Hotel aus zugänglich. So manches Brautpaar hat sich dort das Jawort gegeben und vielleicht sogar in der königlichen Suite die Hochzeitsnacht erlebt – mit tollem Blick auf Évora.

Kirche des Convento do Espinheiro Hotel & Spa bei Évora

Kirche des Convento do Espinheiro Hotel & Spa bei Évora

Die Weltkulturerbestadt ist ein Muss für jeden Alentejo-Besucher, denn mit ihren Baudenkmalen ist sie reich an Geschichte. Von der Zeit der Römer, die die Stadt gründeten, über Gotik, manuelinisches Zeitalter, Renaissance, Barock und Klassizismus gibt es Zeugen der verschiedenen Baukunst. Römischer Tempel, die Kathedrale Santa Maria mit der noch bespielbaren Orgel aus dem Jahr 1563, die Kirche São Francisco, der Giraldo-Platz mit dem Marmor-Brunnen und den Arkaden oder das Aquädukt gehören dazu.

Zeugt noch vom römischen Erbe Évoras: Der Diana-Tempel

Zeugt noch vom römischen Erbe Évoras: Der Diana-Tempel

Typisch für die  Universitätsstadt mit 50000 Einwohnern sind die gelb umrahmten Fenster und Türen der ansonsten weißen Hauswände.

Typisch für das Alentejo-Städtchen Évora: Weiße Häuser mit gelb bemalten Fenster- und Tür-Rahmen

Typisch für das Alentejo-Städtchen Évora: Weiße Häuser mit gelb bemalten Fenster- und Tür-Rahmen

„Unsere Knochen, die hier ruhen, auf die euren warten wir“

steht in Portugiesisch in großen Lettern über der Capela dos Ossos, der Knochenkapelle. Gebeine von rund 3000 Toten zieren die Wände, Pfeiler und Bögen der von einem Franziskaner-Bettelmönch im 16. Jahrhundert angelegten Kapelle an der Franziskuskirche.

Schauriger Anblick in der Knochenkapelle von Évora im Alentejo

Schauriger Anblick in der Knochenkapelle von Évora im Alentejo

Vom Giraldo aus, wo früher Stierkämpfe, Inquisitionen und Proklamationen stattfanden und es sich heute gut in Cafés verweilen lässt, führen verwinkelte Gassen zu Geschäften und Restaurants. Eine Empfehlung ist das Restaurant Dom Joaquim in der Rua dos Penedos. Wer es bis jetzt nicht geschafft hat, Souvenirs zu erstehen, findet in den kleinen Läden eine große Auswahl an Kunsthandwerk. Interessant, was sich so alles aus Kork herstellen lässt: Handtaschen, Geldbörsen, Regenschirme, Hüte, Postkarten.

Beliebtes Souvenir: Körbe, Hüte, Taschen und vieles mehr wird im Alentejo aus Kork hergestellt

Beliebtes Souvenir: Körbe, Hüte, Taschen und vieles mehr wird im Alentejo aus Kork hergestellt

Die Korkproduktion ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Portugal. Luis Dias erklärt auf seinem 800 Hektar großen Landgut Herdade das Barradas da Serra in Grãndola unweit von Beja gern, wie der Kork geerntet wird. In fünfter Generation führt er das Unternehmen, mit seinen Kindern ist die sechste Generation gesichert. 20000 Arbeitsplätze gibt es in der Korkindustrie im Land. Mehr als 50 Prozent der Weltproduktion kommt aus Portugal. Bis das erste Mal Kork geerntet werden kann, ist der Baum rund 25 Jahre alt. Alle neun bis zehn Jahre wird die Korkeiche dann mit einer rasiermesserscharfen Axt geschält. „Wer heute pflanzt, macht das für die nächste Generation“, sagt Luis. Die Ernte findet von Juni bis August statt. Abenteuerlich wird es für die Besucher, wenn Luis Dias sie in seinem Kleintransporter auf Entdeckungstour durch die Korkeichenwälder mitnimmt. Auf für den Laien halsbrecherisch anmutenden Wegen geht es hinauf und hinab, vorbei auch an einer knorrigen, 300 Jahre alten Eiche.

Luis Dias erklärt den aufwendigen Prozess des Korkeichen-Schälens

Luis Dias erklärt den aufwendigen Prozess des Korkeichen-Schälens

Jahrhundertealte Korkeiche im Alentejo

Jahrhundertealte Korkeiche im Alentejo

Davon, dass der Alentejo schon seit vielen Jahrtausenden besiedelt ist, zeugen die Megalithformationen, wie es sie nahe Évora mit dem Chromlech von Almendres zu sehen gibt. Die in Form einer Acht angelegten Steinkreise werden auf ein Alter von 6000 Jahren geschätzt. Einige der über 90 tonnenschweren länglichen Steine (Menhire) sind mit Augenmotiven, Kreisen oder Zickzacklinien sowie Sonnen- und Monddarstellungen verziert. „Bis heute ist es ein Rätsel, wie die Steine dorthin gelangt sind. Zur Bedeutung der Steinkreise gibt es verschiedene Auslegungen: Kultstätte, Sternwarte, Sonnenkalender“, erklärt André Birken.

Jahrtausendealte Megalithformationen im Alentejo

Jahrtausendealte Megalithformationen im Alentejo

Wer den Alentejo erkunden will, sollte sich am besten ein Auto mieten, um fernab der großen Straßen die besten Möglichkeiten, Land und Leute kennenzulernen. Auf der Rückreise zum Flugplatz sollte auf jeden Fall ein Zwischenstopp in Lissabon eingelegt werden. Die quirlige Metropole lässt sich sowohl in wenigen Stunden als auch beim Ein- bis Zweitagesaufenthalt etwas kennenlernen und weckt garantiert die Lust, auf einen erneuten Besuch.

OLIMAR Tipps

Anreisen: Mit Air Berlin, TAP Portugal, Tuifly und Lufthansa ab vielen deutschen Flughäfen nach Lissabon oder Faro.
Übernachten:
  • Convento do Espinheiro Hotel & Spa in Évora: Logie im Luxushotel mit dem Charme eines ehemaligen Klosters. Ab 78 € p.P/Nacht im Doppelzimmer inkl. Frühstück.
  • M’ar De Ar Aquedutto in Évora: Edles Design-Hotel im Zentrum.
    Pousada Alcácer do Sal, D. Afonso II: Historische Hotelanlage in einer ehemaligen Maurenburg. Ab 64€ p.P/Nacht im Doppelzimmer inkl. Früchstück.
Essen: Zu empfehlen sind die Restaurants „Dom Joaquim“ in der Rua Penedos 6 in Évora, das „Arte e Sal“ in São Torpes, direkt an der Küstenstraße gelegen, und Sabores do Alentejo im Hotel M’ar De Ar in Évora. Hier sind auch Kochkurse möglich. Wein, Käse und Olivenöl aus eigener Produktion gibt es z. B. in der ländlichen Ferienoase Vila Galé Club de Campo nahe Beja. Eine Weinprobe ist im hoteleigenen Weingut Casa de Santa Vitória möglich.
Reisezeit: April bis Oktober
Weitere Informationen:

Karte vom Alentejo

Kategorie: Kulinarik & Genuss

von

Andrea bevorzugt Urlaube fernab des großen Touristenrummels und ist gern laufend, wandernd und radelnd in der Natur unterwegs. Wenn Sie nicht auf Reisen ist, ist sie als Lokaljournalistin durch die Havelregion unterwegs.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert