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Alfama in Lissabon – Herzstück von Portugals Hauptstadt

Häuser in der Alfama

Das bunte, quirlige Gassenlabyrinth in der historischen Alfama in Lissabon spiegelt den lebenslustigen Esprit der kosmopolitischen Metropole am Tejo wieder und lädt ein zum Bummeln und Genießen.

Die berühmte Al- Fama in Lissabon

Al-Fama. Hier wohnt die Seele der stolzen Metropole von Portugal. Das Herz in über 2000 Jahren Stadtgeschichte eingefangen, ist spürbar bei jedem Schritt. Und das über kopfsteingepflasterte Treppen und beim Erkunden der Labyrinthartigen Häuserdurchlässe. Tagsüber atmet die Al- Fama die schattige Stille in den Gassen ein, nachts sorglose Lebenslust aus. Das Zittern der portugiesischen Gitarre, erfüllt die Kneipen der Alfama zum Fado de Lisboa Gesang. Der eigentümliche Klang dieser unvergleichbaren Musik, betört Menschen aus aller Welt, die extra bis hierherkommen, weil sie das authentische, das wahre Lissabon suchen. Noch ist es da, das Ursprüngliche. Noch ist der Charakter von Al-Fama nicht der sich auftürmenden Tourismuswelle in Lissabon zum Opfer gefallen, und das bleibt (hoffentlich) so lange so, solange Lissaboner die Al- Fama am Leben erhalten.

Gasse Alfama Lissabon
Alfama Lissabon – Gasse

Das Ursprüngliche Lissabon

Winzige Kneipen und ihre Wirtsleute, die reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Tante-Emma-Läden, gerade einmal so groß wie ein Hausflur, in denen sich die Waren bis zur Decke stapeln. Kabelsalat entlang der Hausfassaden, Ober- und Unterwäsche auf gespannten Leinen, lauschige Plätze unter Weinlaubranken und geschäftstüchtig gewiefte Seniorinnen, die auf Klapptischen, Kirschlikör in Schokoladen-Becherchen feilbieten, gehören dazu.

Wäsche trocknet aus dem Fenster raus an Leinen. Alfama Lissabon
Wäsche aus dem Fenster raus trocknen
Treppen Gasse Alfama Lissabon
Treppenstufen bringen einen durch die Gassen Alfama’s

Mittendrin – der Tourist. Unterwegs zu Fuß, mit Segway, mit E-Roller oder anderen Vehikeln. Er zwängt sich durch enge Gassen, schiebt sich kreuz und quer durch die Alfama von Lissabon. Immer auf der Suche nach Nostalgie und Romantik.  Die Alfama in Lissabon ist über 2000 Jahre alt. Es hat Römer, Mauren, das Erdbeben am 1.11.1755 überlebt, und präsentiert sich in traditionell historisch verschachtelter Häuser-Struktur. Dicht schmiegen sich die nostalgisch anmutenden Quartiere mit niedrigen Türen, kleinen Fenstern, und winzigen Balkonen Wand an Wand aneinander. Eine bunt besinnliche Häuserfassadengalerie, die sich über den gesamten Hang ausdehnt bis zum Ufer am Tejo-Fluss. Etliche Jahrhunderte lang galt die Alfama als Rückzugsort. Und prägte so den lautmalerischen Namen al-Fama, was so viel wie, heiliger Ort sprudelnder Quellen bedeutet. Gesegnet ist dieser Teil der Stadt, mit unterirdischen Wasserminen, aus deren Brunnen die in Lissabon lebenden Menschen, jahrhundertelang Wasser schöpften.

Geschützt von einer mehrere Meter dicken und hoch errichteten Stadtmauer, breitet sich die Alfama vom heutigen Übersee-Anlegesteg, aufwärts aus bis zur Georgs-Burg Castelo de São Jorge auf der Hügelkuppe.

Panorama Stadt Burg Tejo Lissabon
Panorama über die Stadt

Stadttore über Stadttore

Hinein führen etliche Stadttore durch die teilweise, noch vollständig erhaltene mittelalterliche Stadtmauer, die in ihren Ausmaßen zeigt, wie groß die Diva am Tejo bereits vor 1000 Jahren gewesen ist. Schattig dunkle Tunnelbögen führen über steile Treppen, unter den prächtigen Gründerhäusern an der Rua de Alfândega hindurch. Und direkt in den dahinter verborgenen historischen Kern der Alfama.

Vorbei am Museumshaus Casa de Bicos mit den einzigartigen Stachelfassaden, in dem die Stiftung des portugiesischen Literaturnobelpreisträgers José Saramago beheimatet ist, gelangt man gemütlich flanierend über den Platz Campo das Cebolas bis zum Königsbrunnen Chafariz d`El Rei. Und dann geht es weiter durch insgesamt 16 Stadttore, hinein in das Gassenlabyrinth der Alfama in Lissabon, mit seinen kleinen, traditionell geführten Restaurants und Fado-Lokalen. Dazu kommen Dutzende Kirchen und Kapellen, die sich in dem verschachtelten Häusermeer verstecken. Weiter geht’s zu den spektakulären Aussichtspunkten Miradouro Santa Luzia und Porta do Sol. Und von dort aus, kann man noch ein Stück steil den Hang hinauf gehen, bis hin zum Eingang der Sankt-Georgs-Burg.

Im Gassenlabyrinth der Alfama

Das Stadttor am Königsbrunnen, führt vorbei an einem englischen Gästehaus, über eine Treppe zum Platz São Miguel. Und nach rechts geht es direkt in die gleichnamige Nachbarschaft und Kirche. Frühmorgens ruhen die Gassen, in diesem Teil der Alfama noch. Lediglich der Bäcker, der Tante-Emma-Laden und die Kunst-Boutiquen sind geöffnet. Frisch gewaschene Wäsche flattert an dünnen Leinen zwischen den Häuserfluten gespannt und schenken der Alfama ihren unnachahmlichen Duft, den die Portugiesische Fado Diva Amália Rodrigues in ihrem Fado-Schlager Cheira bem, cheira Lisboa, verewigt hat. In den Cafés hingegen, erklingt das blecherne Lied der Kaffeelöffel in Espressotassen. Und das im Kanon mit dem morgendlichen Konversations-Chor der Nachbarn. In den zur Gasse hin geöffneten Fenstern, durch die man direkt ins Wohnzimmer blickt, verkauft heutzutage niemand mehr,  wie noch vor 40 Jahren Fisch über das Fensterbrett. Aber dafür kann man hier bei den im Viertel lebenden älteren Menschen, Kirschlikör probieren.

Likörgeschäft in Lissaboner Alfama
Likörgeschäft

Kirschlikör, Fado & vieles mehr

Mit dem Verkauf von Schnäpschen im Stehen, bessern sich die „Methusalinnen“ in der Alfama ihre bescheidenen Renten auf. Sie alle wurden in der Alfama geboren und haben hier ihr Leben miteinander verbracht. Aber ihr Nachwuchs hat das Nest verlassen und lebt und arbeitet weit weg, oftmals gar im Ausland. Diese Frauen sind die Seele, die Alma des Quartiers. Ihre Konterfeis sind von einer lokalen Künstlergemeinschaft, als Nachbarschafts-Galerie mit Portrait plus Kurz-Biografie daneben, an den Hauswänden ausgestellt.

Gegen Mittag öffnen nach und nach alle Lokale. Terrassenmöbel werden gedeckt, Grillstationen angeheizt. Es duftet nach Eintopf, nach Sardinen, und nach Rauch. Aus jeder Tür strömt appetitlicher Duft in die Gassen. Mit Kreide beschriebene Tafeln künden Tagesgerichte, und abends Fado an. Karierte Tischdecken liegen auf kleinen Tischen, auf wackligen Hockern sitzt man gemütlich und speist Leckeres zu überraschend niedrigen Preisen.

Gassen von Alfama
Sitzgelegenheiten mitten in den kleinen Gässchen

Über den Dächern Lissabon’s

So gestärkt erklimmt der Reisende, die vielen Stufen durch die Escola Gerais, vorbei an der Kirche São Estevão weiter hinauf, und vorbei am Kloster des Heiligen Vinzenz bis zur nostalgischen Straßenbahn Graça Endstation. Da geht es links weiter zur Aussichtsterrasse am gleichnamigen Graça-Kloster. Der Blick wandert über die Dächer von Lissabon. Und weiter über den Tejo, bis zur 25. April Brücke und auf den Hügel mit dem Castelo de São Jorge. Abwärts geht es vorbei an der Akademie für Musik, zu den Aussichtspunkten Porta do Sol, wo die Statuette des Märtyrers und Landesvater Vinzenz mit Karavelle im Arm über das Wohl seiner Stadt wacht. Ein Kaffeegarten lädt zu einer Pause ein. Und das mit atemberaubender Aussicht über die Dachlandschaft der Alfama.

Miradouro Porta do Sol in Lissabon
Blick auf die Stadt und den Tejo vom Aussichtspunkt Porta do Sol in Lissabon

Kapverdische Klänge einer Straßenband versüßen die Pause mit rhythmischen Melodien. Etwa 50 Meter weiter wartet der Santa Luzia Aussichtpunkt, mit Rosengarten und einem Fliesenpanel mit Stadtansicht von Lissabon vor dem Erdbeben.

Startpunkt des portugiesischen Jakobswegs in Lissabon

Schräg gegenüber, hinter dem Museum für Dekorative Kunst und Keramik, beginnt übrigens der Jakobsweg, von Lissabon nach Santiago de Compostela.

Beginn des portugiesichen Jakobswegs
Startpunkt des Jakobsweges in Lissabons Alfama

Hinter der Santiago Kirche kann man den Schildern bis zur Burg folgen, oder der Straße und der Straßenbahnlinie 28 abwärts bis zur Kathedrale Sé de Lisboa und zur Antónius-Kirche mit Museum gegenüber. Oder aufwärts zum römischen Amphitheater marschieren. Oder auf der Straße Costa do Castelo unterhalb der Burgmauer, einmal um den Burghügel herumlaufen und den Abstieg bis zum Tejo oder bis zum Militärmuseum oder zum Fado-Museum nehmen.

Ach, am besten bleibt man nach dem Mittagessen einfach auf dem wackligen Holzhöckerchen sitzen und wartet bis es abends wird. Bis das Licht der untergehenden Sonne die Alfama gülden anstrahlt. Bis frische Sardinen auf dem Grill brutzeln, der Wein besonders wohl schmeckt, und die Fado-Sänger durch die Kneipen tingeln und vom Duft Lissabons, von der Sehnsucht, von der Liebe überhaupt, singen.

Mehr zum Nachtleben in der Alfama in Lissabon lies im Blogartikel Wenn die Nacht zum Tag wird.

Fado Abend
Werbung für eine Fado Abend

Unser Hoteltipp für die Alfama in Lissabon

Das Boutique-Hotel Memmo Alfama ****+ im Herzen der Alfama befindet sich rund 500 m unterhalb der Burg Castelo de São Jorge, nur wenige Gehminuten von einer Haltestelle der berühmten „Eléctrico“-Linie 28 entfernt. Das gleichermaßen charmante wie stylische 4-Sterne-Haus ging aus der aufwändigen Restaurierung eines Gebäudes des späten 19. Jh. hervor.

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Die Schriftstellerin Catrin Ponciano lebt in Portugal und arbeitet hauptberuflich als Journalistin, Essayistin und Autorin. Die ehemalige Küchenchefin wagte 2006 einen Neuanfang, legte das Messer aus der Hand und nennt seither einen Stift ihr Werkzeug. Ihre Themen umspannen Portugals Kultur und Lebensart. Poncianos Kriminalromandebüt „Leiser Tod in Lissabon“ wurde 2021 mit dem Debütpreis der Stuttgarter Kriminächte ausgezeichnet. Die Reiselektüre „111 Orte in Porto die man gesehen haben muss“ ist ihr dritter 111-Orte-Band – nach „111 Algarve“ und „111 Alentejo“. Die Autorin ist Mitglied im Syndikat für deutschsprachige Kriminalliteratur, im PEN-Berlin, sowie bei der 42er-Autoren. Hier geht's zu ihrer Autoren-Webseite.

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