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Monsaraz: Märchenburg aus Schieferstein im Herzen des Alentejo

Blick über Monsaraz im Alentejo

Auf einer Fahrt durch den unteren Alentejo verliert sich der Blick am Horizont. Zwischen Ortschaften und Dorfweilern liegen Dutzende Kilometer, die Nationalstraße N2 schiebt sich fast schnurgeradeaus durch die Kornkammer Portugals.

Rechts und links von der Straße breiten sich sanfte Hügel in der Landschaft aus. Jetzt, im Sommer schwingen Ährenköpfe und Wildgräser im seichten, warm pustenden Wind hin und her. Und der Wind verwandeln ingwergelbe Getreideteppiche, in wallende Wogen. Im Schatten mächtiger Korkeichen-Laubschirme ruhen Rinder und harren der Hitze, eine Schafherde drängelt sich unter einen anderen Baum.

Korkeichen Alentejo
Korkeichen Alentejo

Die Luft flirrt, die Erde glänzt siena-rot. Das Ziel lautet Monsaraz, eine alte Ritterburg. Sie ist erbaut aus Schieferstein, auf der Kuppe eines Hügels. Die Burg bietet eine Aussicht nach Spanien, und auf das flache weitläufige Tal zwischen den Hochebenen zu beiden Seiten der Landesgrenze. Diese verläuft hier mitten durch den Stausee Barragem do Alqueva, im unteren Alentejo 

Stausee Barragem do Alqueva im Alentejo

Hunderte, mit Süßwasser aus dem gestauten Fluss Rio Guadiana befüllte Seitenarme, breiten sich in der größten Talsperre Europas aus. Es sieht aus wie feine Kapillare, die hinein in die flache Landschaft fließen. Und sie verleihen dem Stausee und seiner Umgebung, sowie den Dörfern an seinem Ufer eine faszinierende Kulisse. Je nach Tageszeit, liegt der See still und dunkelblau da, wie ein Samt-Tuch. Und am Abend hüllt feiner Dunst den See in einen Schleier, der bei niedersinkender Sonne ins Purpurne abgleitet. Die endlos scheinenden einsamen Ufer und Seen vereinigen sich zu einem Tintenbild der Natur.

Alqueva Stausee
Stausee
Blick auf Monsaraz
Blick auf Monsaraz

Sanft steigt die Straße nach Monsaraz an. Und der See fächert sich erst plötzlich nach einer Kurve in das Blickfeld hinein, auf. Am unteren Parkplatz steht eine artistische Metall-Installation und zeigt einen Männerchor. Die Männer tragen einen Hut und haben eine Hirtendecke übergeworfen. Den Blick auf den See gerichtet steht die Installation zusammen, und fast könnte man meinen, der Chor stimmte ein Lied an. Einen Cante Alentejano, ein polyphon, von Männern gesungener Kanon. Eine Liedkunst, die im unteren Alentejo zu Hause ist und die seit 2016 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zählt.

Der Weg ist das Ziel

Über eine steile Treppe besteigt man den Burgfried. Der Weg durch schmale Gassen, führt über unregelmäßig verlegte Schiefersteinplatten, die wie aufrecht gestellter Kopfstein die Laufwege und Treppen pflastern. Durch das Seitentor gelangt man vorbei an einer Zisterne, direkt zur mittleren Gasse des verzaubernden Ortes, oder durch das Bogen-Tor am Uhrenturm weiter vorne. Der Weg, durch das in der Vergangenheit steckengebliebene Monsaraz bis zur inneren Festung, führt zu Fuß. Weiß gekälkte Hausfassaden glänzen im Sonnenlicht. Und die Häuser stehen aneinandergebaut auf Schieferstein-Sockel, Spitzbogen über Türen und Fenstern und so manch ein Giebel neigt sich in die Gasse hinein.

Burgfried in Monsaraz
Burgfried in Monsaraz
Monsaraz Alentejo - Häuser mit weiß gekälkten Wänden
Monsaraz Alentejo – Die weißen Häuser

Am Kirchplatz vor der barocken Pfarrkirche, markiert die prächtig dekorierte Pelourinho-Säule mit den Insignien des Herzogs von Bragança die einstige Verfügungsgewalt des Ortes. Schließlich hat in Monsaraz einst das Inquisitionskomitee Gericht gehalten und Urteile vollstreckt. Sich diesen mystisch anmutenden Ort im Mittelalter vorzustellen, als Ritter in Rüstung auf ihren Pferden über das Schiefern-Steinpflaster trabten, das Burgtor sich bis zum nächsten Morgen hinter ihnen schloss, die Nacht anbrach, das Sternenzelt am Himmel erstrahlte und der Wind um das Gemäuer blies und uralte Geschichten ins Ohr der Schlafenden wisperte, fällt nicht besonders schwer.

Kirchplatz in Monsaraz
Kirchplatz

Kunsthandwerk in Monsaraz

Im Monsaraz von heute begegnet man einem Dorf, in dem die Zeit irgendwann einmal stehen geblieben ist. Traditionelles Handwerk und Kunsthandwerk, wie zum Beispiel getischlerten Bast-Stühlen in klein und groß, zum Sitzen oder bloß als Dekoration, in rot und blau bemalt und mit landwirtschaftlichen Motiven naiv dargestellt verziert, stehen vor winzigen Atelier-Geschäften. Man tritt ein, durch niedrige Türen in Boutiquen in mittelalterlichem Raum, wo es Kleidung, Decken, und Schals aus reiner Schurwolle, zu kaufen gibt. Natürlich in Handarbeit gewebt. Wollig flauschige Meisterwerke und fast alles Einzelstücke. Andere bieten Töpferkunst aus einem Dorf in der Nähe, namens São Pedro do Corval, an. Von Hand gearbeitete und von Hand bemalte, ansehnliche Auswahl Schalen, Teller, Vasen und Krüge. Wer etwas Außergewöhnliches sucht, stolpert automatisch in die Galerie mit rot glasierter Keramikkunst am Kirchplatz.

Monsaraz - Eingang zu einer kleinen Boutique
Eingang zu einer Boutique

Spaziergang durch Monsaraz

Links neben der Kirche befindet sich das Museum mit Tourismusbüro. Die Wandgemälde im Museum, zeigen die irdisch empfundenen Unterschiede zwischen Gut und Böse. Rechts neben der Kirche gelangt man zu einer gut sortierten Weinhandlung mit feinen Tropfen aus der unmittelbaren Umgebung. Und durch einen Arkadenbogen gegenüber, kommt man zu einem kleineren Platz mit der Santiago-Kirche, in der Künstler*innen regelmäßig ihre Werke ausstellen. Weiter vorne betritt man das Innere der einstigen Ritterfestung und genießt auf einem Gang über die unterschiedlich hoch liegenden Zinnen, eine 360° Rundumaussicht in den Alentejo. Gen Westen nach Reguengos de Monsaraz; gen Osten nach Spanien und auf das maurisch geprägte weiße Dorf Mourão auf einer Insel im Alqueva-Stausee; gen Norden Richtung Évora; und am Fuße des Hügels auf den Stausee.

Genießen kann man diesen grandiosen Ausblick am allerbesten bei einem exquisit zubereiteten Mahl mit lokalen Spezialitäten vom schwarzen Schwein, Cação-Fisch im Tontopf serviert. Oder mit Migas-Brotbrei mit Waldpilzen oder wildem Spargel zubereitet, vorher eine eisgekühlte Alentejo-Gazpacho Suppe und hinterher einen Quarkkuchen mit Pflaumenkompott.

Restaurant Monsaraz mit Ausblick
Restaurant Monsaraz mit Ausblick

Hoteltipp für Monsaraz

Ein Bauernweiler aus dem 19. Jh. auf einem rund 780 ha umfassenden Landgut wurde mit viel Aufwand und Liebe von der 8. Generation der Besitzerfamilie in dieses brandneue, elegant-charmante 5-Sterne Hideaway São Lourenço de Barrocal umgewandelt. Hier hast Du die Wahl zwischen Gästezimmern im einstigen Herrensitz, und Ferienwohnungen mit voll ausgestatteten Markenküchen in den ehemaligen Gesindehäusern. Alle bestechen neben ihrer Geräumigkeit durch das ländlich-historische Originalflair handgefertigter Holzmöbel und traditioneller Stilelemente in Kombination mit modernstem Wohnkomfort und diskretem, unaufdringlichem Luxus.

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Die Schriftstellerin Catrin Ponciano lebt in Portugal und arbeitet hauptberuflich als Journalistin, Essayistin und Autorin. Die ehemalige Küchenchefin wagte 2006 einen Neuanfang, legte das Messer aus der Hand und nennt seither einen Stift ihr Werkzeug. Ihre Themen umspannen Portugals Kultur und Lebensart. Poncianos Kriminalromandebüt „Leiser Tod in Lissabon“ wurde 2021 mit dem Debütpreis der Stuttgarter Kriminächte ausgezeichnet. Die Reiselektüre „111 Orte in Porto die man gesehen haben muss“ ist ihr dritter 111-Orte-Band – nach „111 Algarve“ und „111 Alentejo“. Die Autorin ist Mitglied im Syndikat für deutschsprachige Kriminalliteratur, im PEN-Berlin, sowie bei der 42er-Autoren. Hier geht's zu ihrer Autoren-Webseite.

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